Finale der Herren: Deutschland - Polen 4:2 (2:1)

Bei jeder Meisterschaft ist das Finale der Herren wohl das absolute Highlight. Für Spannung war gesorgt, zumal die Polen in der Vorrunde Deutschland bereits eine derbe 9:4-Niederlage beigebracht hatten. Doch die Niederländer schienen sich von dieser Partie weniger Attraktivität zu erhoffen: ein Großteil der Zuschauer hatte die Halle bereits nach dem Finale der Damen verlassen.
Sie bewiesen offenbar mit dieser Entscheidung mehr Sachverstand als ich, denn insbesondere die ersten zwanzig Minuten war die Partie absolut zerfahren und offenbarte auch danach die negativen Folgen des engen Regelkorsetts des Sports: sehr oft wurden Spieler an der Bande geradezu eingeklemmt - was problemlos mit zwei Spielern möglich scheint - warum soll man auch Mitspieler des Ballbesitzenden decken, wenn man den Ball (bei seinem Gewicht wohl korrekterweise...) nicht lupfen kann und damit sowieso kein regelkonformer Pass möglich wäre. Wenn sich Torhüter und Verteidiger geschickt verhalten, sind auch 1:1-Situationen bei Tempogegenstößen praktisch unmöglich für den Stürmer erfolgreich zu gestalten, da der Goalie einfach die Grenzen vom Schußkreis abdecken muss. Sehr schade, denn an sich muss ich Hallenhockey attestieren, zum Beispiel deutlich attraktiver (weil schneller) als sein "Bruder" Feldhockey zu sein.
Aber zurück zum Sport: die Partie begann mit wenig Torchancen und sehr defensiven Polen, gegen die Deutschland wenig Mittel fand. So sprang auch der Funke nicht auf die Zuschauer über, als Deutschland in der 9. Minute das erste Tor der Partie erzielte. In der 14. Minute fiel der verdiente Ausgleich der Polen, doch Deutschland fand in der 15. Minute die Antwort: aus schier "unmöglich" spitzem Winkel fand der Ball den Weg ins polnische Tor, so dass sich der polnische Torhüter die Frage gefallen lassen muss, wie dieses Tor passieren konnte. Unrühmlicher Höhepunkt in der Schlußminute, als sich ein deutscher Spieler zu einer - auch noch miserabel ausgeführten - Schwalbe hinreißen ließ. Das Publikum ahndete diese unnötige Unsportlichkeit mit gellenden Buh-Rufen - dass die Schiedsrichter die Schauspieleinlage auch noch mit einem Freischlag für Deutschland belohnten, verfestigt meine Kritik an der Leistung der Spielleiter allgemein.
Auch die zweite Halbzeit begann eher verhalten, bis die Zuschauer in der 28. Minute etwas Unterhaltung bekamen: gleich zwei Strafschläge bekam Deutschland zugesprochen. Während der erste den Weg ins Tor fand, scheiterte der Schütze beim zweiten Mal allerdings. Mit dem Strafstoß nahm die Partie nun deutlich an Fahrt auf, was vor allem auch daran lag, dass die Polen nur mehr für die Offensive taten und dabei auch anfällig für Konter und für Defensiv-Fehler wurden. Dies wußten die Deutschen geschickt zu nutzen, nach 31 Minuten stand es 4:1 und die Vorentscheidung schien gefallen. Kurz danach folgte eine weitere Regel-Farce des Hallen-Hockeys: die Polen bekamen in Folge fünf oder sechs Strafecken zugesprochen - immer wieder war ein Deutscher Fuss am Ball oder der Torhüter musste den Ball hoch abprallen lassen (was bei der Hockey-Torwartausrüstung auch schwer zu vermeiden scheint). Zwar wurde dann letztendlich eine Strafecke verwandelt - aber in der Zwischenzeit tickte die Uhr munter vor sich hin. Da man ja auch noch ab und an etwas zu früh als Abwehrspieler bei einer Strafecke zu früh loslaufen kann und die Schiedsrichter das sowieso nicht ahnden, waren von der ersten bis zur letzten Strafecke sicherlich drei, vielleicht auch noch mehr Minuten vergangen. Da dies auch bei dem sehr fachkundigen Publikum ein seufzendes Raunen in die Halle brachte, schien auch dieses wohl wenig begeistert von der Situation zu sein. So stand es zwar "nur noch" 4:2 für die Polen, aber in drei Minuten war die Partie nicht mehr zu drehen. Dass eine kurze Ecke, ehemals Strafecke, nicht immer eine Bestrafung darstellt, dokumentierte dann auch das siegreiche deutsche Team: die Polen bekamen 25 Sekunden vor Schluß eine weitere kurze Ecke zugesprochen, was die Deutschen mit dem Siegesjubel quittierten. Kein Wunder: die Uhr läuft ja freudig weiter - und bis der Ball dann zum Endstand von 4:3 im Netz der Deutschen zappelte, war die Partie bereits beendet.
Das letzte Spiel dieser EM, Zeit ein Fazit zu ziehen: zunächst gewann Deutschland, die vor allem taktisch viel kompletter erschienen als Polen, die Partie absolut verdient und machte damit den deutschen Doppelsieg in Eindhoven perfekt. Die Veranstaltung selber machte auch einen sehr gut organisierten Eindruck. Hallenhockey hat weiterhin als "schnelleres Feldhockey" auch seine absolute Daseinsberechtigung, allerdings haben die Verbände hier ganz klar verpasst, die Regeln zugunsten eines schnelleren, attraktiveren Sports, der auch für Nicht-Hockeyaner einen Besuch wert ist, anzupassen. Es passt ins Bild, dass sowohl beim Damen- als auch beim Herrenfinal sicherlich deutlich weniger Zuschauer zu zählen waren als beim entsprechenden Finale bei den Unihockey-WMs - neue Sportarten wie eben Unihockey haben für "Hockeyvarianten" hier eine Meßlatte an Geschwindigkeit und Attraktivität gesetzt, die Hallenhockey momentan in keinster Weise erreicht.